Mein härtestes Rennen bzw. die chaotischste Vorbereitung ever!

Die Saarlandmeisterschaften im Halbmarathon waren für 2015 mein ganz großes Ziel. ich begann mit einer gezielten Vorbereitung bereits im Dezember 2014. Ich wollte strikt nach Plan trainieren um bei den Meisterschaften eine 1:19 zu laufen, was auch mit Sicherheit für einen Podiumsplatz in der AK gereicht hätte. Bis Mitte Januar funktionierte auch alles wie am Schnürchen. Ich klopfte mir regelmäßig 25 Kilometer Läufe mit meinem neuen Trainings Partner Patrick in die Beine. An dieser Stelle gute Besserung, hoffentlich bist du bald wieder fit.

Allerdings sollte auf der Vorbereitung bzw. auf dem Lauf ein Fluch liegen. Von Mitte Januar an ging so ziemlich alles schief, was schief gehen kann. Angefangen mit meinen Fersenproblemen. Diese zwangen mich mein Training zurückzufahren und auf Form-Erhaltung umzusteigen. Die langen Läufe wurden ganz zusammengestrichen und nicht mehr regelmäßig gelaufen. Die langsamen Einheiten verlegte ich ins Wasser. Aqua Jogging ist zwar stinklangweilig, aber ich war überrascht, wie effektiv es ist. Anfang Februar stand dann der DAK Halbmarathon auf dem Plan, bei diesem Lauf wollte ich sehen, wo ich stehe. Ich beendete ihn überraschend in 1:22:xx. Mit dieser Zeit hatte ich nicht wirklich gerechnet, ich hatte nichts verloren. Im Gegenteil, es war eine neue Bestzeit und nicht weit von der ursprünglich angepeilten Zeit weg, die ich zu diesem Zeitpunkt als Vorbereitung für März laufen wollte. Ganz gab ich also die 1:19 noch nicht auf. Die Füße bekam ich dank Einlagen und Physiotherapie einigermaßen unter Kontrolle und fing an mein Training zu steigern. In Neunkichen konnte ich auf sehr schwerer Strecke eine richtig gute Zeit laufen, sollte es etwa doch noch klappen? 

Der Rückschlag kam direkt in Form einer starken Grippe, die zwang mich zu 8 Tagen kompletter Trainingspause. Mittlerweile war es Anfang März. Ich verabschiedete mich endgültig von der 1:19. Das neue Ziel hieß, überhaupt beim HM dabei zu sein und wenigstens die 1:22 bestätigen. Am 02.03 nahm ich dann wieder das Training auf. Ich setzte mir eine Deadline, diese war der Merziger Citylauf am 08.03. Wenn ich dort eine 38:xx laufen könne, wollte ich auch den Halbmarathon eine Woche später laufen, wenn nicht hätte ich nicht teilgenommen. Der Wettkampf lief erstaunlich gut und ich konnte ihn in 37:50 beenden, was für eine 1:22 reichen sollte. Dienstag machte ich noch 1200 Meter Intervalle nahe an meiner Bestzeit und da war sie wieder die Hoffnung. "Wenn die Intervalle so gut klappen, kommt die Form genau zum rechten Zeitpunkt zurück", dachte ich mir.

Aber das Schicksal sollte noch einen weiteren Nackenschlag für mich reserviert haben. Donnerstagmorgens ging es schon langsam los. Es deutet sich eine Magen-Darm Grippe an, die dann Donnerstagabend in Form von Durchfall voll durchschlug. Aber es wunderte mich nach dieser Vorbereitung nichts mehr. Ich gab mich kämpferisch und sagte mir: "dieser Rückschlag hält mich jetzt auch nicht mehr auf". Ich stieß im Netzt auf einen Bericht der Ruder-Damen, die kurz vor dem Wettkampf den Norovirus bekamen und dennoch Weltmeister wurden. Wenn das kein Ansporn war ;-) Spätestens jetzt war ich gewillt das Rennen zu laufen. Ich besorgte mir dann direkt Loperamid um den Durchfall zu unterdrücken bzw. den Flüssigkeitsverlust zu stoppen und kippte mir hochdosiert Elektrolyte und Unmengen  Tee rein. Mein Wettkampf-Speiseplan setzte sich diesmal aus Suppen, Brei, Brezeln, Cola und Tee zusammen. Alles was man so vor einem Wettkampf braucht ;-) 

Samstags stellte sich eine Besserung ein und ich beschloss einen letzten Probelauf zu absolvieren. Ich lief einen lockeren Lauf mit zwei Kilometern im Wettkampftempo. Schon während der schnellen Kilometer stellten sich Magenkrämpfe ein und ich war froh noch rechtzeitig nach Hause gekommen zu sein. Sollte ich echt den Wettkampf absagen, niemals. Noch waren es 24 Stunden...ich dachte wieder an die Ruder-Damen ;-) und gab die Hoffnung nicht auf. Was aber auch hieß weiterhin Suppe ;-), allerdings nahm ich Samstag zu den Elektrolyten noch BCAA´s ein, damit der Körper irgendwas an Energie hat. 

Als Sonntags morgen der Wecker klingelte war ich voll motiviert, der Magen meckerte zwar immer noch, aber ich war gewillt alles zu riskieren, zu hart waren die letzten Monate. Stundenlange Qualen beim Aqua Jogging sollten nicht für die Katz sein. Ich schlabberte etwas Haferschleim und nahm eine ordentliche Menge Loperamid. Dies Zeug ist echt der Hit, ohne dieses Mittel wäre an Laufen nicht zu denken gewesen.

In der Startaufstellung reihte ich mich recht vorne mit meinem Bruder, Torsten und Patrick Franz ein, als Wettkampftaktik wählte ich volles Risiko. Eigentlich war meine Form ja nicht ganz schlecht und ich dachte mir entweder reicht es oder eben nicht. Ich bin kein Typ, der so was mit gebremsten Schaum angehen kann. Wenn ich an den Start gehe, gebe ich auch 100 Prozent. Ich lief mit Till in einer gut gehenden Gruppe. Wir waren auf 1:19er Kurs. Ich dachte mir..."scheiß drauf, vielleicht reicht es doch". Versuchen musst du es. Allerdings merkte ich nach 7 Kilometern, dass ich die Gruppe ziehen lassen muss und ich dieses Tempo nicht durchhalten werde. Bis Kilometer 10 blieb ich aber noch auf 1:19er Kurs. Bei 10 Kilometer standen 37:40 auf der Uhr. Aber ich merkte immer mehr, wie mir die Kraft ausging, vermutlich auch wegen der fehlenden Nahrung. Beim Wendepunkt kam dann der Hammer. Der am Hinweg spürbare seitliche Wind, sollte sich am Rückweg als Gegenwind entpuppen und ich rede hier nicht von einem leichten Zug, nein es sollte brutaler Gegenwind sein. Genau was man braucht, wenn man eigentlich schon blau gelaufen ist.

Was sich dann auf den letzten 10 Kilometern abspielte ist im Nachhinein nur noch mit Irrsinn zu erklären. Teilweise habe ich Erinnerungslücken, ich lief mehr oder weniger im Intervall Bereich, ein Kilometer ging völlig in die Hose, der nächste war wieder super flott. Ich wollte dieses Rennen unbedingt zu ende bringen. Zumal ich wusste, dass wenn ich ankomme auf jeden Fall die 1:22 erreicht würde und vermutlich sogar eine neue Bestzeit rauskommt, aufgrund der ersten Hälfte. Zwischenzeitlich musste ich mal kurz an den Rand zum kotzten. Danach ging es dann aber wieder! Immer mehr Läufer überholten mich, deren Tempo ich nicht mehr im Geringsten mitgehen konnte. An die letzten Kilometer erinnere ich mich auch nicht mehr wirklich. Ich schleppte mich ins Ziel. Ich realisierte noch, dass ich mir mit 1:21:50 eine Bestzeit erkämpfen konnte, bevor ich an den Rand der Saar lief um mich ein weiteres Mal zu übergeben. Ich war noch bis weit in den Nachmittag fix und fertig. Ich war zuhause nicht mehr in der Lage das Auto rückwärts einzuparken. Ich rief meine Freundin an, die dies dann kopfschüttelnd übernahm :-). Ich fiel direkt in meine Bett, welches ich für den Rest des Tages auch nicht mehr verließ. Ich würde dies als mein bisher härtestes Rennen bezeichnen und auch nicht zum nach machen empfehlen. Nichtsdestotrotz  bin ich super stolz, dieses Rennen beendet zu haben und auch noch in Bestzeit. Mein Dank an dieser Stelle geht natürlich an die Ruder-Damen, die ich mich unterwegs immer wieder zum durchhalten motiviert haben ;-))))

Hier noch meine Zeiten:

3:37-3:40-3:41-3:43-3:42-3:43-3:46-3:45-3:45-3:56-4:13-3:55-3:39-4:20-4:00-4:02-4:04-3:59-4:04-4:01-3:54.

Unter optimalen Bedingungen schaffe ich dieses Jahr die 1:19, davon bin ich überzeugt.

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